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Sommersonnenwende - eine magische Zeit bis in den Juli

von Autorin und Räucherexpertin Christine Fuchs

Der längste Tag des Jahres, die kürzeste Nacht – die Sonne auf ihrem Höchststand – die Natur auf ihrem Höhepunkt: Was für eine überaus erfüllende Jahreszeit! Die Beerenzeit beginnt, das Gemüse gedeiht und das Herz aller Kräutersammler schlägt jetzt höher angesichts dieser grünen Vielfalt. Im dämmernden Abendlicht flitzen Fledermäuse durch die Gegend und mit viel Glück lässt sich sogar der Lichterzauber von Glühwürmchen entdecken.


Wie an Wintersonnwende treffen Licht und Dunkelheit jetzt in einem besonderen Moment aufeinander. Am 21. Dezember wird das Licht dann geboren, wenn die Dunkelheit am größten ist. An Sommersonnenwende am 21. Juni ist der Tag, an dem das Licht seine größte Ausdehnung erreicht hat, die Dunkelheit gewinnt bereits wieder unmerklich an Kraft, die Tage werden wieder kürzer. Unserem Gefühl will das so noch gar nicht entsprechen. Denn wir haben den Eindruck, dass der Sommer jetzt erst so richtig in Fahrt kommt. Deswegen – und das gilt für alle Jahreskreisfeste – sind sie kein punktuelles Highlight, das nur an einem einzigen Tag im Jahr gefeiert werden darf.


Jahreskreisfeste als Auftakt für eine Qualität

Vielmehr sind sie ein Auftakt, ein Kickoff, für eine ganz bestimmte Qualität im Jahr, die wir über vier bis sechs Wochen nutzen können mit Ritualen, Bräuchen, Tranceübungen und Meditationen - bis zum nächsten Jahreskreisfest, das uns dann wieder einen anderen Fokus schenkt.



Nichts hält uns jetzt mehr in den eigenen vier Wänden, wir genießen laue Sommerabende und sitzen so viel und lange wie möglich draußen auf Balkon, Terrasse, im Garten. Die Einschränkungen der letzten Monate hängen uns noch in den Knochen. Sehnsüchtig werden Lockerungen erwartet, um diese besondere Zeit des Jahres gemeinsam mit Familie und Freunden im Freien zu genießen. Gerade in solchen herausfordernden Zeiten zeigt sich die Natur uns gegenüber wieder in all ihrer Großzügigkeit: Ihre Tür steht immer offen! Wieso also nicht die Sommersonnenwende mit Rucksack, Decke und Picknickkorb mit den Liebsten in freier Natur begehen? Vielleicht wagen wir sogar etwas Neues: Eine Übernachtung im Freien mit Blick auf das noch leise glimmende Lagerfeuer?! Die Sommerzeit hält jedoch beides für uns bereit – Ausgelassenheit und Pflicht. Wir spüren eine ausgeprägte Daseinsfreude, fühlen uns verbunden mit den Menschen, die wir gerne haben und wollen mit ihnen gemeinsam die vielfältigen Möglichkeiten dieser Jahreszeit teilen. Gleichzeitig kennt jeder, der auch nur den kleinsten Garten sein Eigen nennt, die Verantwortung, alles zu hegen und zu pflegen, was jetzt in einer überbordenden Fülle sprießt, und auch noch rechtzeitig zu ernten und zu verwerten. Wie ein Pendeln zwischen Verpflichtung und Ausgelassenheit nehmen wir das wahr, wobei die Verbindung mit unseren Pflanzen und der Natur immer im Vordergrund zu stehen scheint.


Sommersonnenwende früher und heute

Auf Spurensuche nach den Bräuchen unserer Vorfahren treffen wir immer auf die starke Verbundenheit, die sie zur Natur spürten. Diese Verbindung wurde mit starken, symbolträchtigen Ritualen gefeiert, die den Menschen kulturelle und spirituelle Heimat waren. So war der Kranz aus Johanniskrautblüten im Haar der jungen Mädchen die Dating-Plattform unserer Ahninnen: In den leuchtenden Blüten sollte sich beim nächtlichen Orakeln der zukünftige Liebste zeigen.


Beifuß um die Lenden und psychoaktives Bier

Verliebte Paare, die sich beim Tanz unterm Maibaum bereits gefunden hatten, beabsichtigten mit dem traditionellen Sprung über das Feuer, dessen Kraft und lodernde Leidenschaft in die Beziehung zu holen. Ein Gürtel aus Beifuß um die Lenden geschwungen, sollte das körperliche Feuer der Liebe anheizen, denn nur so konnte sich Nachwuchs einstellen. Im Kreis um das Feuer sitzend, den aufsteigenden Rauch interpretierend, das von Frauen mit psychoaktiv wirkenden Zutaten gebraute Bier trinkend, Geschichten lauschend und die Lieder ihrer Ahnen singend – das waren die verbindenden Elemente eines solchen Festes, das Zugehörigkeit vermittelte und die Gemeinschaft stärkte.


Erinnerung an alte Bräuche

In den letzten Jahren nimmt die Erinnerung an die ursprüngliche Bedeutung wieder enorm an Fahrt auf. Vielleicht leben sogar in den fröhlichen und ausgelassenen Grillpartys im Garten die einstigen Bräuche wieder auf: Neue Menschen lernen sich kennen, die Vertrauten begegnen sich wieder. Das Feuer im Grill mitsamt seinen Zutaten darauf wartet mit einer geradezu magnetischen Anziehungskraft auf. Alle genießen die Fülle an bunten Sommersalaten und leckeren Beeren-Nachtischen. Eine offene Feuerstelle lädt ein zum langen Beisammensein und Austausch über dies und jenes. Denn das Feuer als traditionelles Ritualelement berührt uns in zweifacher Hinsicht: Wir würdigen die Magie dieses Elementes als Symbol der Sonne. Und wir nähren Geist und Seele durch die praktischen Handhabungen, wenn wir Feuer machen und in die Glut schauen. Der Effekt öffnet ein Feld, in dem wir uns in einer tiefen und uralten Verbindung begegnen können, so wie es unsere Ahnen taten – und wir erlauben uns, aktuelle Nöte, Bedenken und Sorgen einfach mal außen vor zu lassen und den Augenblick zu feiern!




Mehr Rituale, Räuchern und Zeitqualität findest du in Christine Fuchs neuem Buch Räuchern im Rhythmus des Jahreskreises, dass du zum Beispiel hier bestellen kannst.


Christine Fuchs verbindet traditionelles Räuchern mit urbanem Leben. In ihrer Räuchermanufaktur Lab Datum findet man dazu alles, was das Räuchern im Jahreskreis braucht. Darüberhinaus gibt Christine ihr Wisen in Kursen und Ausbildungen weiter.


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